Gottesdienst am 12. April 2020,  Ostersonntag

 

  • Predigttext: 1. Korinther 15, 19-28
  • Sonntag/ Feiertag: Ostersonntag
  • Datum: 12. April 2020            
  • Ort: Internet
  •  

Psalm 118

Der Herr ist meine Macht und mein Psalm

und ist mein Heil.

Man singt mit Freuden vom Sieg / in den Hütten der Gerechten:

Die Rechte des Herrn behält den Sieg!

Die Rechte des Herrn ist erhöht;

die Rechte des Herrn behält den Sieg!

Ich werde nicht sterben, sondern leben

und des Herrn Werke verkündigen.

Der Herr züchtigt mich schwer;

aber er gibt mich dem Tode nicht preis.

Tut mir auf die Tore der Gerechtigkeit,

dass ich durch sie einziehe und dem Herrn danke.

Das ist das Tor des Herrn;

die Gerechten werden dort einziehen.

Ich danke dir, dass du mich erhört hast

und hast mir geholfen.

Der Stein, den die Bauleute verworfen haben,

ist zum Eckstein geworden.

Das ist vom Herrn geschehen

und ist ein Wunder vor unsern Augen.

Dies ist der Tag, den der Herr macht;

lasst uns freuen und fröhlich an ihm sein.

 

Die Hoffnung, die nicht enttäuscht

 

Evangelium Markus 16, 1-8

Und als der Sabbat vergangen war, kauften Maria Magdalena und Maria, die Mutter des Jakobus, und Salome wohlriechende Öle, um hinzugehen und ihn zu salben.

 Und sie kamen zum Grab am ersten Tag der Woche, sehr früh, als die Sonne aufging.

 Und sie sprachen untereinander: Wer wälzt uns den Stein von des Grabes Tür?

 Und sie sahen hin und wurden gewahr, dass der Stein weggewälzt war; denn er war sehr groß.

 

Und sie gingen hinein in das Grab und sahen einen Jüngling zur rechten Hand sitzen, der hatte ein langes weißes Gewand an, und sie entsetzten sich.

 Er aber sprach zu ihnen: Entsetzt euch nicht! Ihr sucht Jesus von Nazareth, den Gekreuzigten. Er ist auferstanden, er ist nicht hier. Siehe da die Stätte, wo sie ihn hinlegten.

 Geht aber hin und sagt seinen Jüngern und Petrus, dass er vor euch hingeht nach Galiläa; da werdet ihr ihn sehen, wie er euch gesagt hat.

 Und sie gingen hinaus und flohen von dem Grab; denn Zittern und Entsetzen hatte sie ergriffen. Und sie sagten niemand etwas; denn sie fürchteten sich.

 

Hinführung zur Predigt

Alle Gedanken kreisen um das Grab. Bei den Frauen des Ostermorgens vor fast 2.000 Jahren – und heute in der Zeit, in der das Corona-Virus unser Fühlen und Denken bestimmt. Trauer und Sorge bestimmen das Denken und Fragen der drei Frauen – Trauer und Sorge bestimmen heute auch unser Denken und Fragen.

Der Weg der drei Frauen zum Grab Jesu vor fast 2.000 Jahren und die Erlebnisse am Grab werden für sie existenziell und lebenswendend. Das, was die Frauen am Grab erleben und von dem der Evangelist Markus berichtet, kann auch für uns existenziell und lebenswendend sein. Doch nicht Freude bricht sich bei den Frauen Bahn, sondern Furcht und Entsetzen. Furcht und Entsetzen, wie wir es in diesen Tagen erleben. Wie angesichts des Virus Ostern feiern? Die Predigt versucht mit dem Predigttext aus dem ersten Korintherbrief des Paulus eine Antwort zu geben: Wie kann ich nicht Ostern feiern in diesen Tagen?

 

Einführung

Der Herr ist auferstanden! Er ist wahrhaftig auferstanden! Mit diesem frohen Gruß heiße ich Sie am heutigen Ostersonntag herzlich willkommen zu unserem Gottesdienst. Wo immer Sie auch diese Worte hören oder lesen, noch einmal möchte ich Ihnen sagen: Der Herr ist auferstanden! Wir feiern Ostern! Ostern – das Fest der Auferstehung Jesu und Quelle unserer Hoffnung auf nicht endendes Leben. Wie es im Wochenspruch aus der Offenbarung des Johannes (1,18) heißt: „Christus spricht: „Ich war tot, und siehe, ich bin lebendig von Ewigkeit zu Ewigkeit und habe die Schlüssel des Todes und der Hölle.“

 

 

Predigt

Alle Aufmerksamkeit richtet sich auf ein Grab. Auf ein verschlossenes Grab. Auf ein Grab, in das Menschen hinein möchten, aber nicht wissen, wie. So kann man die Situation am Ostermorgen, die Situation der drei Frauen auf dem Weg zum Grab Jesu kurz umschreiben.

Alle Aufmerksamkeit richtet sich auf Gräber und auf das Sterben. So ist unsere Situation Ostern 2020 kurz zu umschreiben. Täglich verfolgen wir die Zahlen der neu Infizierten und der Verstorbenen. Die Sorge beherrscht unser Denken und Fühlen. Ein Nachbar, aufgrund seines Alters ein sogenannter Risikopatient, rief mir dieser Tage mit gebührendem Abstand über den Gartenzaun zu: „Ich schlafe mit dem Gedanken an dieses verdammten Virus ein und wache damit auf!“

 

Die Frauen machen sich vor fast 2.000 Jahren auf den Weg zum Grab, obwohl sie gar nicht wissen, wer ihnen den Stein vor dem Grab wegwälzen wird. Sie „fahren auf Sicht“ – wie es momentan heißt. Auch wir fahren nur auf Sicht – wann werden die Einschränkungen gelockert, wann ist das Schlimmste überstanden, wann können wir uns wieder zum Gottesdienst versammeln? Keiner weiß es. Die Frauen haben das Grab vor Augen – können wir im Glauben an die Auferstehung Jesu heute nicht weiter sehen, über den eigenen Horizont hinaus?

 

Der Weg der drei Frauen zum Grab Jesu vor fast 2.000 Jahren und die Erlebnisse am Grab – sie werden für sie zu einer existenziellen, lebenswendenden Erfahrung. Das wünsche ich mir auch: Dass das, was die Frauen am Grab erleben und von dem der Evangelist Markus berichtet, für mich, für Sie existenziell, lebenswendend wird, gerade in der heutigen Zeit. Wobei: Das Grab ist offen, der Leichnam fehlt, ein Engel verkündet, dass Jesus auferstanden ist. Doch nicht Freude bricht sich Bahn, sondern Furcht und Entsetzen.

 

Furcht und Entsetzen erleben wir auch in diesen Tagen. Ich brauche die Fakten nicht zu wiederholen; sie sind Ihnen bestens vertraut. Wie damit umgehen? Was kann ich den Angehörigen der Kranken und Verstorbenen sagen? Welche Antwort gibt mir und Ihnen das heutige Osterfest, die Feier der Auferstehung Jesu?

Es ist nicht die Antwort des leeren Grabes. Das leere Grab allein stellt mir mehr Fragen, als dass es Antworten gibt. Gut, dass es „nur“ der Beginn der neutestamentlichen Ostererzählungen ist. Es geht weiter. Es passiert noch etwas. Davon erzählt der Apostel Paulus im 15. Kapitel des 1. Korintherbriefes, aus dem der vorgeschlagene Predigttext für den heutigen Ostersonntag entnommen ist. Paulus schreibt:

 

Hoffen wir allein in diesem Leben auf Christus, so sind wir die elendesten unter allen Menschen. Nun aber ist Christus auferweckt von den Toten als Erstling unter denen, die entschlafen sind. Denn da durch einen Menschen der Tod gekommen ist, so kommt auch durch einen Menschen die Auferstehung der Toten. Denn wie in Adam alle sterben, so werden in Christus alle lebendig gemacht werden. Ein jeder aber in der für ihn bestimmten Ordnung: als Erstling Christus; danach die Christus angehören, wenn er kommen wird; danach das Ende, wenn er das Reich Gott, dem Vater, übergeben wird, nachdem er vernichtet hat alle Herrschaft und alle Macht und Gewalt. Denn er muss herrschen, bis Gott „alle Feinde unter seine Füße gelegt hat“ (Psalm 110,1). Der letzte Feind, der vernichtet wird, ist der Tod. Denn „alles hat er unter seine Füße getan“ (Psalm 8,7). Wenn es aber heißt, alles sei ihm unterworfen, so ist offenbar, dass der ausgenommen ist, der ihm alles unterworfen hat. Wenn aber alles ihm untertan sein wird, dann wird auch der Sohn selbst untertan sein dem, der ihm alles unterworfen hat, auf dass Gott sei alles in allem.

 

Der Apostel Paulus widmet das ganze 15. Kapitel seines ersten Briefes an die Korinther dem Thema der Auferstehung. Er beginnt damit, dass er all die benennt, denen der Auferstandene begegnet ist. Denn nicht das leere Grab hat den Glauben an die Auferstehung ins Leben gerufen, sondern die Begegnungen der Menschen mit dem auferstandenen, lebendigen Jesus. Paulus zählt die Zeugen auf. Kann ich ihm und den anderen Zeugen Glauben schenken? Angesichts der Welt mit ihren Schrecken und Schrecklichkeiten? Kann ich an Ostern glauben in „karfreitäglicher Zeit“? Darauf möchte ich zwei Antworten geben:

Erstens: Ich sage für mich: Ja. Ich glaube den Worten des Paulus und der anderen Zeugen. Ich glaube ihnen, weil sie mit ihrem Leben für ihre Worte eingestanden sind. Petrus und Paulus und die vielen anderen. Weil ich sehe, was geschehen ist, nachdem die Menschen Jesus begegnet sind. Das beginnt in den Ostererzählungen der anderen Evangelisten schon bei den Frauen am Grab. Ihre Füße beginnen zu laufen, ihre Münder fließen über, als sie den anderen Jüngern und Jüngerinnen ihre Botschaft erzählen. Jesus lebt – nun ist nichts mehr wie zuvor: die lähmende Angst vor dem Tod – wie weggeblasen. Das Leben voller Zuwendung zum Nächsten und zu Gott, das Jesus gelebt hat, es hat doch eine Zukunft. Es bleibt nicht immer als beim Alten, neues Leben ist möglich, neue Wege mitten im alten Leben tun sich auf.

 

Und zweitens: Wie kann ich gerade in diesen Tagen nicht an die Auferstehung Jesu glauben? Paulus schreibt im heutigen Predigttext viel: über eine „Reihenfolge“ der Auferstehung und über Adam – das alles möchte ich heute einmal außen vor lassen und den einen, entscheidenden Satz in den Mittelpunkt stellen: Hoffen wir allein in diesem Leben auf Christus, so sind wir die elendesten unter allen Menschen.

 

Wie kann ich gerade heute nicht an die Auferstehung Jesu und an die Auferstehung der Menschen glauben – in diesen Tagen, in denen der Tod „reiche Ernte“ hält. Doch – zweiter zentraler Gedanke des Paulus in diesem Text – der Tod wird vernichtet. Auch der Tod unserer Lieben, auch der eigene Tod, das Leben siegt. Jesus verspricht es, Paulus und viele andere bezeugen es.

 

Die Botschaft von Ostern wurde weitergesagt. Die Botschaft breitete sich wie ein Lauffeuer aus. Keiner und keine konnte sie für sich behalten. Immer mehr Menschen wurden von ihr angesteckt: Jesus, der gestorben und begraben war, ist wieder lebendig. Gemeinden entstanden im Namen Jesu Christi. Eine Gemeinschaft, in der Menschen sich gemeinsam auf den Weg machten, um die Osterbotschaft ins Leben kommen zu lassen. Eine Gemeinschaft, die es bis heute gibt und deren Aufgabe sich nicht geändert hat: Sich von Ostern bewegen zu lassen und die Osterbotschaft zu den Menschen zu bringen. Und wenn es nicht von Angesicht zu Angesicht geht, dann per E-Mail, Telefon, WhatsApp.

 

Manche mögen jetzt einwenden: „Der Petrus und der Paulus und all die anderen hatten es gut. Sie sind dem Auferstandenen begegnet. Und ich, was ist mit mir?“ Der Einwand scheint berechtigt – wenn ich glauben würde, dass der Auferstandene nur Menschen vor 2.000 Jahren begegnet ist. Meine Erfahrung ist eine andere: Dass Jesus auch heute Menschen begegnet – im Gebet, im Gottesdienst, in seinem Wort, in anderen Menschen und immer in der Liebe, die wir einander erweisen.

Ich weiß dennoch: Ostern bleibt als Fest auch eine Zumutung. Ostern mutet mir – und Ihnen – zunächst zu, dorthin zu gehen, wo Trauer herrscht, wo der Tod ist. Das war schon vor 2.000 Jahren so. Ostern mutet mir den Blick auf das Kreuz zu. Es wird nicht Ostern ohne den Karfreitag. Angesicht der Realität des Todes mutet mir Ostern zu, das scheinbar Unmögliche zu glauben. Die ersten Zeuginnen und Zeugen der Auferstehung reagieren mit Fassungslosigkeit und Schrecken: „Tote sind tot“ – davon waren sie überzeugt. Da geht nichts mehr. Doch –es geht noch was: Wenn ich bereit bin zu glauben, dass Gott immer mehr ist als mein Verstehen; dass er immer weiter ist als mein Horizont. Die Größe Gottes ist unermesslich und unfassbar. Ostern mutet mir zu, das zu akzeptieren.

Was Ostern mir – und Ihnen – zumutet, traut Gott uns auch zu. Er traut uns zu, den Weg zu wagen zu den Elenden und Trauernden, ihr Leid nicht zu ignorieren. Er traut uns zu, unser Kreuz zu tragen, nicht den leichten Weg zu nehmen, sondern seinem Sohn zu folgen. Er traut uns zu, die Mauern unseres Alltags zu durchbrechen: von der Feindschaft zur Versöhnung, von der Rechthaberei zur Vergebung, vom Egoismus zum Teilen, von der Gleichgültigkeit zur Liebe, von der Bequemlichkeit zum Engagement. Und er traut uns den großen Durchbruch zu: Gegen allen Augenschein an ihn, seine Liebe und lebensschaffende Kraft zu glauben.

 

Vom Osterglauben darf ich mich bewegen und beleben lassen. Auch dann, wenn ich mich nicht österlich fühle, weil ich zu viel gesehen und zu viel erlebt habe. Trotzdem darf ich darauf vertrauen, dass das lebendige Osterfest der Hintergrund ist, vor dem ich lebe. Die Hoffnung, die mich nicht im Stich lässt. Das ist doch allemal genug. Für diese Ostern. Und überhaupt. Dass der Auferstandene mit uns geht.

 

 

 

 

Fürbitten

 

Wie können wir in dieser Zeit Ostern feiern? Wie können wir fröhlich sein angesichts des Elends in der Welt? Nur weil wir dich, barmherziger Vater, bitten dürfen, um dein Eingreifen, um dein Wirken: Lass es Ostern werden in unserer Zeit. Wir bitten dich:

 

Für alle, denen das Leben erstarrt in der Krankheit, in der Sorge um ihre Gesundheit und die Gesundheit lieber Menschen und in der Isolation und der Einsamkeit:

Belebe sie neu und lass es Ostern werden in ihrem Leben.

 

Für alle, denen das Leben erstarrt, weil ihnen der Arbeitsplatz gekündigt wurde, weil sie keinen Ausbildungsplatz finden:

Belebe sie neu und lass es Ostern werden in ihrem Leben.

 

Für alle, denen das Leben erstarrt, weil eine Beziehung endgültig zerbrochen ist, die für ihr Leben wichtig war:

Belebe sie neu und lass es Ostern werden in ihrem Leben.

 

Für alle, denen das Leben erstarrt, weil ein ihnen lieber Mensch gestorben ist oder angesichts des eigenen drohenden Todes:

Belebe sie neu und lass es Ostern werden in ihrem Leben.

 

Für deine Gemeinde. Wenn in uns das Leben erstarrt, weil wir uns zurzeit nicht versammeln können, den Glauben und die Hoffnung zu feiern:

Belebe sie neu und lass es Ostern werden in ihrem Leben.

 

Alles das, was uns bewegt, fassen wir in das Gebet, dass Jesus uns gegeben hat:

 

Vaterunser

Vater unser im Himmel.      

Geheiligt werde Dein Name.   

Dein Reich komme.  

Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden.

Unser tägliches Brot gib uns heute.   

Und vergib uns unsere Schuld,  

wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.  

Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen. 

Denn Dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit.

Amen.

 

Geht Euren Weg mit dem Segen Gottes

 

Segen

Der HERR segne dich und behüte dich; der HERR lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig; der HERR hebe sein Angesicht über dich und gebe dir Frieden.

 

Es grüßt Sie/ Euch

Pfarrer i. R. Johannes Rieper, Varel

Tel.: 04451-96 01 70

Mail: pfarrerrieper11@t-online.de

 

Bleiben Sie/ bleibt behütet und bewahrt.